Kroatiens Medienlandschaft – Zwischen ausländischen Playern, Boulevard und Qualitätsverfall

Kroatiens Medienlandschaft – in einem Land mit knapp vier Millionen Einwohner:innen – steht seit der Unabhängigkeit 1991 und besonders seit dem EU-Beitritt 2013 unter permanentem Wandel. Was Vielfalt verspricht, ist in der Realität ein Markt, der zunehmend unter Boulevardisierung, Qualitätsverlust und wachsendem Druck leidet.

Ausländische Medienunternehmen dominieren

Auf dem Printmarkt behaupten sich vor allem zwei große Gruppen: die österreichische Styria Media International, vertreten u. a. durch „Večernji list“ und „Nacional“, sowie die Europa Press Holding, die Titel wie „Globus“ oder „Jutarnji list“ herausgibt. Die Rolle dieser Player ist ambivalent: Einerseits bringen sie Kapital und Strukturen, andererseits, so Kritiker:innen, investieren sie zu wenig in journalistische Ausbildung oder langfristigen Schutz lokaler Redaktionen. Die deutsche WAZ-Gruppe zog sich gar zurück – der Markt galt als wirtschaftlich nicht mehr attraktiv genug.

Fernsehen: Zwischen Public Service und Boulevard

Das öffentlich-rechtliche HRT sendet vier nationale Fernseh- und drei nationale Radioprogramme sowie mehrere Regional- und Auslandssender. Parallel dazu haben sich mit TV Nova und RTL starke kommerzielle Anbieter etabliert. Letztere setzen auf Nachrichtenformate wie „Dnevnik Nova“ oder „Vijesti“, die hohe Reichweiten erzielen – jedoch oft mit stark boulevardesken Inhalten. Auch Sender wie RTS (Serbien) oder RTW(Vojvodina) sind präsent; RTW sendet in zehn Sprachen und hat eine Reichweite von über 20 %.

Copy-Paste statt Recherche

Inhaltlich leidet die Qualität: Oliver Vujovic (SEEMO) spricht von einem „klaren Rückgang“. Viele Beiträge sind abgeschrieben, stammen direkt von Nachrichtenagenturen oder basieren auf Social Media – statt auf eigenständiger Recherche. Tiefergehende Analysen, kritische Fragen oder umfassende Faktenprüfungen fehlen oft. Das Resultat: Oberflächliche Berichterstattung und wachsendes Misstrauen in der Bevölkerung.

Investigativer Online-Journalismus im Aufwind

Trotz dieser Entwicklungen gibt es Hoffnungsträger: Unabhängige Onlineportale wie Index.hr berichten regelmäßig kritisch über Korruption, Misswirtschaft und staatliches Versagen. Sie haben zunehmend jene Rolle übernommen, die früher öffentlich-rechtliche Sender oder Qualitätszeitungen innehatten. Doch auch sie sind Angriffen ausgesetzt – etwa durch koordinierte Online-Kampagnen und hunderte negative Kommentare, die gesellschaftliche Polarisierung sichtbar machen.

Eine Geschichte des Widerstands

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Unabhängiger Journalismus hat in Kroatien Tradition. Die satirische Wochenzeitung Feral Tribune (Split, 1980er–2008) galt als kritisches Leitmedium, wurde mehrfach verklagt, angegriffen – und scheiterte letztlich an fehlender finanzieller Basis. Der Fall zeigt: Kritischer Journalismus überlebt selten ohne externe Unterstützung. Diese jedoch nahm nach dem EU-Beitritt stark ab.

Werbung als Kontrollinstrument

Zudem spielt der Werbemarkt eine problematische Rolle: Medieninhaber:innen geraten unter Druck von Anzeigenkund:innen, sensible Themen nicht zu behandeln. So entstehen „No-Go-Zonen“, in denen Journalist:innen nicht berichten dürfen – selbst bei eindeutiger Relevanz.

Regionaler Einfluss und kulturelle Spannungen

Obwohl kroatische Unternehmen in den Nachbarländern wirtschaftlich aktiv sind, bleibt ihr medialer Einfluss begrenzt. Auffällig ist dagegen der kulturelle Austausch: KroatischePopmusik läuft regelmäßig im serbischen Radio – umgekehrt aber kaum. Auch das Verhältnis zur EU und zu Österreich hat sich gewandelt: Früher galten beide als „beste Freunde“, mittlerweile überwiegt Skepsis – befeuert durch politische Kommentare und Debatten wie jene zur Schengen-Erweiterung.

Ein zerrissener Medienraum mit Potenzial

Kroatiens Medienlandschaft bleibt ein Spiegel der gesellschaftlichen Spannungen: Geprägt von wirtschaftlichen Interessen, politischem Druck und journalistischer Selbstzensur – aber auch belebt durch mutige Einzelprojekte, die die journalistische Integrität verteidigen. Die Zukunft liegt in der Stärkung dieser Strukturen – lokal, digital, unabhängig.

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