Polens Medien unter Druck: Der schleichende Entzug der Pressefreiheit

Die Medienlandschaft Polens befindet sich seit Jahren in einem bedenklichen Abwärtstrend. Im Ranking von „Reporter ohne Grenzen“ rutschte das Land auf Platz 66 ab – zum Vergleich: Österreich liegt auf Platz 31. Diese Entwicklung ist eng verknüpft mit der Politik der nationalkonservativen Regierungspartei PiS und ihren systematischen Versuchen, die Unabhängigkeit der Presse einzuschränken.

Staatlicher Zugriff auf regionale Medien

Ein markantes Beispiel für die Aushöhlung der Pressefreiheit ist die Übernahme der Regionalzeitungen der Polska Press durch den staatlichen Ölkonzern Orlen. Die Mediengruppe, zuvor im Besitz der deutschen „Passauer Neuen Presse“, umfasste mehr als 20 Regionalzeitungen. Nach dem Eigentümerwechsel wurden regierungskritische Chefredakteure entlassen und durch linientreue ersetzt. Die Redaktion wurde zur Bühne für „schöne Propaganda“, wie Kritiker betonen. Deutsche Verlage hatten in Polen lange eine wichtige Rolle gespielt: Sie arbeiteten nach journalistischen Standards und waren der Regierung damit ein Dorn im Auge. Eine vergleichbare Entwicklung – Medienkauf durch wirtschaftlich mächtige Oligarchen und der Verlust an Unabhängigkeit – ließ sich auch in Tschechien beobachten.

TVN gerettet – Veto aus Staatsräson

Ein weiterer prägender Moment war der gescheiterte Versuch, den amerikanischen TV-Sender TVN zu verstaatlichen. Das Vorhaben scheiterte überraschend am Veto von Staatspräsident Andrzej Duda. Beobachter werten sein Handeln als strategische Geste: Duda erkannte die Bedeutung des Bündnisses mit den USA für die nationale Sicherheit – besonders kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine. Zudem suchte er ein positives Image gegenüber dem Weißen Haus. Das Veto markierte eine seltene Abgrenzung von seiner Partei, der PiS, und bewahrte einen wichtigen privaten Sender vor dem staatlichen Zugriff.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk als Parteiorgan

Seit 2015/2016 haben sich die öffentlich-rechtlichen Medien in Polen in ein Sprachrohr der Regierung verwandelt. Die Leitung der Sender wurde nahezu vollständig durch Parteipersonal ersetzt. Zwar existiert eine gesetzlich festgelegte Rundfunkgebühr, doch viele Bürger zahlen sie nicht. Die Folge ist eine erhöhte Abhängigkeit von staatlichen Geldern, die teils gezielt zur Förderung regierungsnaher Berichterstattung verwendet werden. Der Vorwurf: Öffentliche Medien würden für ihre Propagandaarbeit finanziell belohnt – sie „schwimmen im Geld“, wie Kritiker es formulieren.

Zivilgesellschaftlicher Widerstand bleibt lebendig

Gleichzeitig gibt es in Polen eine starke Tradition des zivilen Widerstandes. Der Geist der Solidarność lebt fort – das zeigte sich beispielsweise im Protest gegen eine geplante Werbesteuer für Medien. Private Sender schalteten ihre Programme ab, Zeitungen erschienen mit schwarzen Titelseiten. Die Aktion zwang die Regierung zum Rückzug. Auch zentrale Persönlichkeiten der Dritten Polnischen Republik, wie Lech Wałęsa oder Adam Michnik, Chefredakteur der „Gazeta Wyborcza“, engagieren sich weiterhin. Ihr Wirken hält die Erinnerung an demokratische Errungenschaften wach und gibt der Gesellschaft Orientierung.

Ein Land zwischen Kontrolle und Hoffnung

Im Vergleich zu Ungarn, wo die Regierung fast vollständige Kontrolle über die Medienlandschaft erlangt hat, besteht in Polen weiterhin Hoffnung. Das Verhältniswahlrecht erschwert autoritäre Machtkonzentration, und gesellschaftlicher Widerstand bleibt sichtbar. Der Journalismus behält seine kuratierende Funktion – trotz aller Versuche, ihn zu schwächen. Die Mediennutzung in Polen ist intensiv: Bürger verbringen durchschnittlich fast elf Stunden pro Tag mit Medien. Auch wenn Online-Plattformen wachsen, bleibt das klassische Fernsehen ein Leitmedium. Der Kampf um eine freie, unabhängige Presse ist damit nicht verloren – sondern Ausdruck einer widerstandsfähigen Demokratie, die sich gegen autoritäre Tendenzen behauptet.

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