Rumäniens Medienlandschaft: Ein Spiegel der Macht – Wenn Journalismus zum Instrument wird

Europa in der Zerreißprobe – Das jüngste Ranking von Reporter ohne Grenzen, das Rumänien auf dem ernüchternden 56. Platz von 180 Ländern listet, ist mehr als eine Zahl – es ist ein Alarmsignal. Marius Dragomir, Gründer des Media Journalism Research Center und intimer Kenner der Materie, spricht von einer „rückläufigen Entwicklung“ der Medienfreiheit in seinem Heimatland, insbesondere im Hinblick auf die redaktionelle Unabhängigkeit.

Zwischen Vielfalt und Instrumentalisierung

Was auf den ersten Blick wie eine lebendige, pluralistische Medienlandschaft mit einer Fülle von Veröffentlichungen, Fernseh- und Radiosendern erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein hochgradig „instrumentalisierter“ Markt. Hier, so analysiert Dragomir, dient der Journalismus nicht primär dem Gewinn oder dem öffentlichen Interesse, sondern vor allem den politischen und wirtschaftlichen Interessen seiner Eigentümer oder deren verbundenen Personen. Rumänien steht damit exemplarisch für einen der am stärksten instrumentalisierten Medienmärkte Europas.

Öffentlich-rechtlich, aber nicht unabhängig

Ein entscheidender Faktor dieser prekären Lage ist die Finanzierung: Seit 2017 wurden die Rundfunkgebühren für den öffentlich-rechtlichen Sender TVR abgeschafft – mit weitreichenden Konsequenzen. Die Abhängigkeit von Werbeeinnahmen und staatlichen Zuschüssen hat sich verschärft. Dies wirft die grundlegende Frage auf, ob die Bevölkerung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt noch in seiner Rolle als unabhängige Instanz wünscht – oder ob die mangelnde Qualität, wie sie selbst von der Deutschen Welle Rumänien moniert wird, nicht ein Symptom politischer Einflussnahme ist.

Ein Nährboden für Desinformation

Die Folgen dieser Entwicklung sind gravierend. Ein großer Teil der Bevölkerung ist anfällig für gezielte Desinformation – verbreitet über regierungstreue Kanäle oder Plattformen wie Telegram, wo russische Narrative zunehmend Fuß fassen. Das Vertrauen in journalistische Inhalte ist tief gespalten: Ein kleiner, gut informierter Teil der Gesellschaft steht einer breiten Masse gegenüber, die oft nur eingeschränkt Zugang zu glaubwürdiger Information hat.

Europa kommt zu spät

Auch europäische Schutzmechanismen greifen in Rumänien kaum. Während das neue Europäische Gesetz zur Medienfreiheit als fortschrittlich gilt, kommt es in Ländern mit bereits beschädigten Strukturen oft zu spät. Es bleibt fraglich, ob die EU in Zukunft spezifischere rechtliche Bedingungen entwickeln kann, um eine weitere Aushöhlung der Medienfreiheit zu verhindern. Rumänien zeigt exemplarisch, wie schwer es ist, zerstörtes Vertrauen in die vierte Gewalt wiederherzustellen.

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