Sloweniens Medienlandschaft am Scheideweg: Der Kampf um Unabhängigkeit und Wahrheit

Inmitten Europas ringt ein kleines Land mit einem großen Thema: der Unabhängigkeit seiner Medien. Was auf den ersten Blick wie eine intakte Presselandschaft wirkt, offenbart sich bei näherem Hinsehen als fragile Konstruktion, untergraben von staatlichem Einfluss, parteipolitischer Vereinnahmung und ausländischen Geldflüssen. Slowenien steht an einem medialen Scheideweg – und mit ihm die europäische Idee von Medienfreiheit.

Die Nachrichtenagentur als Testfall der Repression

Im Zentrum der Debatte steht die nationale Nachrichtenagentur STA, die zeitweise kurz vor der Schließung stand. Der Grund: das Regierungsamt für Kommunikation (UKOM), das nicht nur die Finanzierung der STA kontrolliert, sondern auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTV Slowenien regelmäßig überprüft. Diese Prüfberichte dienen faktisch als Bewertung, ob die Inhalte „Slowenien-freundlich“ genug seien – ein beispielloser Vorgang, der in westlichen Demokratien Befremden auslöst.

UKOM ist dabei nicht einfach eine Kommunikationsbehörde, sondern ein mächtiges Steuerungsinstrument der Exekutive. Die doppelte Rolle – Kontrolle der Inhalte und Verwalter staatlicher Mittel – erzeugt eine Abhängigkeit, die selbstkritischen Journalismus massiv erschwert. Besonders während Wahlkämpfen wird dieser Mechanismus zur Druckkulisse für öffentliche Sender.

RTV unter politischer Kontrolle

Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk RTV Slowenien befindet sich seit Jahren im Visier politischer Kräfte. Eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2000 veränderte die Zusammensetzung des Programmrats grundlegend: Anstelle zivilgesellschaftlicher Vertreter dominieren seither Parteimitglieder das Gremium. Das Resultat: eine programmatische „Balance“, die in Wahrheit ideologische Kontrolle bedeutet.

Journalist:innen berichten von willkürlicher Einteilung in „links“ und „rechts“ – ein Vorgang, der laut dem slowenischen Journalisten Borut Mekina „mit der Debilität“ zu tun habe. „Dann stellst du einen Nazi-Faschisten ins Studio und balancierst ihn mit jemandem, der für Menschenrechte steht. Die Wahrheit liegt nicht in der Mitte.“

Selbst Chefredakteur:innen können gegen den Willen der Redaktion ernannt werden, solange es formalrechtlich korrekt abläuft. Die gesetzlichen Schutzmechanismen greifen in der Praxis zu selten.

Zwischen Rechtsstaat und Orbánisierung

Slowenien unterscheidet sich in einem Punkt von Ungarn: Das Verhältniswahlrecht verhindert dominierende Mehrheiten wie jene von Viktor Orbán. Dennoch verfolgt die rechtskonservative Regierung unter Janez Janša ähnliche Strategien. Janša gilt als enger Vertrauter des ungarischen Premiers und strebt danach, dessen Rezept auf Slowenien zu übertragen – mit begrenztem, aber spürbarem Erfolg.

Die EU reagierte mit Druck, insbesondere während der slowenischen Ratspräsidentschaft. Doch strukturell bleibt das Land anfällig: Die Gesetzeslage lässt zu viel Spielraum, politische Akteure haben zu leichten Zugriff auf die öffentlich-rechtlichen Medien. Zugleich zeigen sich viele Bürger:innen wenig medienkritisch – oder durch die Polarisierung resigniert.

Qualitätsjournalismus unter schwierigen Bedingungen

In dieser herausfordernden Landschaft halten einige Medien mutig die Stellung. An vorderster Front steht das linksliberale Wochenmagazin Mladina, das sich durch lange investigative Berichte auszeichnet. Die Unabhängigkeit des Mediums fußt auf einer besonderen Eigentümerstruktur: Mladina gehört slowenischen Minderheitenorganisationen in Italien, was es effektiv vor politischem Einfluss schützt.

Auch kleinere Portale wie „Dnes online“ gewinnen an Bedeutung. Während kommerzielle TV-Sender Boulevardthemen bedienen, versuchen Print- und Online-Medien den Anspruch des kritischen Journalismus aufrechtzuerhalten. Doch der Weg ist steinig – sowohl finanziell als auch gesellschaftlich.

Medienkompetenz als Schutzschild

Slowenien ist ein Land mit hoher Mediennutzung: Fast elf Stunden täglich verbringen die Menschen mit TV, Radio, Zeitungen oder Online-Inhalten. Trotzdem bleibt die Medienkompetenz eine Schwachstelle. Zwar existiert Medienbildung als Wahlpflichtfach, doch es fehlt an einer flächendeckenden, verbindlichen Strategie.

Gerade in ländlichen Regionen und bei älteren Zielgruppen ist die Fähigkeit, zwischen Meinung und Information zu unterscheiden, eingeschränkt. Der Bildungsauftrag der Medien wird dadurch noch wichtiger – und zugleich schwieriger.

Die europäische Dimension

Slowenien ist kein Einzelfall. Doch es ist ein Musterbeispiel dafür, wie gefährdet Pressefreiheit selbst in EU-Mitgliedsländern sein kann. Die Situation verdeutlicht, dass demokratische Kontrolle nicht nur gesetzlich garantiert, sondern aktiv verteidigt werden muss. Internationale Aufmerksamkeit, kritischer Journalismus und eine wachsame Zivilgesellschaft sind dabei zentrale Pfeiler – nicht nur in Ljubljana, sondern in ganz Europa.

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