Ukrainische Medien im Spannungsfeld - Oligarchen, Sprachwandel und europäische Annäherung
Medienmacht in Oligarchenhand
Die ukrainische Medienlandschaft ist seit Jahren durch eine hohe Konzentration von Eigentum geprägt: Viele der führenden Medienhäuser befinden sich im Besitz einflussreicher Oligarchen, die sie als Werkzeuge politischer und wirtschaftlicher Interessen nutzen. Der Krieg hat diese Dynamik nicht aufgelöst – im Gegenteil: Die staatliche Finanzierung des Telemarathons floss teilweise an Akteure mit Verbindungen zum Medienimperium von Rinat Achmetow, obwohl dessen Unternehmen formal nicht mehr am Markt tätig sind. Trotz eines neuen Mediengesetzes aus dem Jahr 2023, das die Eigentumstransparenz und die Rolle der Regulierungsbehörden stärkt, bleibt die Herausforderung der Medienkonzentration bestehen.
Russische Desinformation: Verpuffende Propaganda
Russland betreibt seit Jahren massive Desinformationskampagnen – mit Medien wie Sputnik auch im Ausland, etwa in Serbien. In der Ukraine hingegen verfängt diese Propaganda kaum. Der Medienwissenschaftler Marc Stegherr betont, dass die ukrainische Bevölkerung ein „ausgeprägtes Sensorium“ für russische Desinformation entwickelt habe. Viele Medien zeichnen sich durch eine differenzierte Berichterstattung aus und vermeiden Pauschalisierungen – selbst im Angesicht des Krieges. Der Versuch Moskaus, Einfluss auf den Informationsraum zu nehmen, läuft ins Leere oder bewirkt das Gegenteil: Ablehnung und Abgrenzung.
Sprachpolitik als Ausdruck der Eigenständigkeit
Ein deutlich sichtbarer Wandel betrifft die Sprache in ukrainischen Medien. Seit Januar 2022 verpflichtet ein Gesetz Zeitungen, ihre Inhalte auf Ukrainisch anzubieten. Die letzte große russischsprachige Zeitung, Westi, wurde daraufhin umgestellt. Ein Verbot der russischen Sprache besteht nicht, doch die doppelte Produktion auf Ukrainisch und Russisch gilt für viele Medienunternehmen als unrentabel. Diese sprachliche Neuausrichtung ist Ausdruck eines politischen und kulturellen Emanzipationsprozesses – und ein Bekenntnis zur europäischen Integration.
Annäherung an Europa – auch medial
Die EU unterstützt die Ukraine nicht nur finanziell, sondern auch durch Initiativen zur Faktenprüfung, die zunehmend auf Ukrainisch verfügbar sind. Die Implementierung der EU-Mediendienstleistungsrichtlinie zeigt, dass die Ukraine sich auch gesetzlich auf europäische Standards zubewegt. Englischsprachige Medienplattformen gewinnen in urbanen Milieus an Bedeutung, und die enge Kooperation mit europäischen Institutionen stärkt die Position unabhängiger Anbieter. Trotz großer Herausforderungen bleibt die Ukraine ein Beispiel für mediale Widerstandskraft in einem Land, das nicht nur militärisch, sondern auch kommunikativ für seine Freiheit kämpft.