Ungarns Schatten über Slowenien - Wie ausländische Gelder die Pressefreiheit aushöhlen

Die Grenzen Europas sind durchlässig – nicht nur für Güter und Menschen, sondern auch für politische Agenden. Die slowenische Medienlandschaft wird zunehmend von außen beeinflusst, allen voran durch ein Land, das mediale Macht systematisch als politisches Instrument nutzt: Ungarn. Der Export des Orbán-Modells ist längst Realität.

Fidesz-Geld für slowenische Parteimedien

Mindestens 1,5 Millionen Euro flossen laut EU-Berechnungen von ungarischen Firmen mit Nähe zur Fidesz-Partei nach Slowenien. Das Ziel: der Aufbau eines umfassenden Mediennetzwerks zugunsten der slowenischen Demokratischen Partei (SDS) von Premierminister Janez Janša – einem engen politischen Verbündeten Viktor Orbáns.

Dieses Geld diente nicht etwa dem offenen Medienmarkt oder unabhängiger Berichterstattung. Es wurde gezielt für Propaganda eingesetzt – insbesondere im Wahlkampf. Bemerkenswert ist dabei die Quelle der Gelder: Bauunternehmen, die selbst maßgeblich durch EU-Förderungen finanziert sind. Somit zirkuliert europäisches Steuergeld indirekt in ein politisches Projekt, das auf Desinformation und Meinungsmache setzt.

Medienmacht als strategische Investition

Das mediale Netzwerk, das durch diese Mittel entstand, umfasst zwei Fernsehsender, ein zentrales Online-Portal und rund 20 regionale Plattformen. Ihre Botschaften gleichen sich: nationale Stärke, Anti-Migration, Misstrauen gegenüber der EU, Angriffe auf liberale Positionen. Die Tonalität: aggressiv, polarisierend, mit gezielten Feindbildern.

Diese Portale agieren wie ein Echoraum, der Narrative aufgreift, verstärkt und tief in die Bevölkerung trägt. Das Ziel ist nicht journalistische Vielfalt, sondern die ideologische Mobilisierung im Sinne der SDS – und damit indirekt der Fidesz-Partei. Kritiker:innen sprechen von einer „Orbánisierung“ der Medienlandschaft.

Die subtile Gefahr der Lokalisierung

Was diese Strategie besonders effektiv macht: Der Einfluss kommt nicht in Form ausländischer Intervention, sondern über lokale Medienhäuser mit regionalem Bezug. Die Bevölkerung erkennt vielfach nicht, dass hinter diesen scheinbar harmlosen Portalen politische Steuerung steckt. Der Effekt ist schleichend, aber nachhaltig.

Vergleichbar mit Plattformen wie dem österreichischen Portal Unzensuriert, bedienen sich diese Medien einer emotionalisierenden Sprache, um Ängste und Ressentiments zu schüren. In der Summe entsteht ein Informationsumfeld, das kritischen, faktenbasierten Journalismus zunehmend verdrängt.

Mladina als Bollwerk gegen die Aushöhlung

Inmitten dieser Entwicklung gibt es auch Lichtblicke. Allen voran das linksliberale Wochenmagazin Mladina, das seit Jahrzehnten für investigative Tiefe und klare Haltung steht. Die Redaktion versteht sich als Wächterin der Demokratie – unabhängig, mutig und oft unbequem.

Die Eigentümerstruktur schützt das Magazin vor politischem Zugriff: Es gehört slowenischen Minderheitenorganisationen in Italien. Dadurch ist es finanziell stabil und kann sich ein konsequentes Paywall-Modell leisten. Die Philosophie dahinter: Qualitätsjournalismus kostet – und soll nicht gratis konsumiert werden.

Mladina setzt auf ganze Hefte, nicht auf Einzelartikel. Illustrationen, Design und redaktionelle Linie ergeben ein Gesamtprodukt, das in Slowenien einzigartig ist. Für viele junge Journalist:innen ist Mladina Vorbild und Quelle zugleich.

Online-Medien unter Druck

Neben Mladina gibt es weitere journalistisch ambitionierte Projekte. Das Online-Medium „N1 online“ etwa bietet tagesaktuelle, fundierte Berichterstattung. Auch kleinere investigative Formate wie „Nesrin Soriano“ oder „Dnes online“ versuchen, im digitalen Raum Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Doch der Markt ist schwierig: Viele Plattformen sind schlecht finanziert, Abomodelle greifen kaum, Werbung allein reicht nicht.

Hinzu kommt: Manche neue Portale, die auf den ersten Blick progressiv wirken, entpuppen sich bei näherem Hinsehen als intransparent finanziert – oder von politischen Lagern gesteuert. Die Grenze zwischen unabhängigem Journalismus und strategischer Meinungsmache verschwimmt.

Europa reagiert – zögerlich

Der Export des Orbán-Modells in EU-Länder wie Slowenien wirft grundlegende Fragen auf: Wie schützt man Pressefreiheit innerhalb eines Staatenbundes, wenn einzelne Regierungen gezielt daran arbeiten, diese zu untergraben? Die EU hat begonnen zu reagieren – etwa mit neuen Fördermodellen für lokale Medien, um staatlichen Zugriff zu umgehen.

Langfristig braucht es aber mehr als technische Lösungen. Es braucht ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, wie Medien manipuliert werden können – und welche Verantwortung Demokratien hben, diese Angriffe abzuwehren.

Fazit: Der stille Krieg um die Öffentlichkeit

Die slowenische Medienlandschaft ist exemplarisch für einen stillen, aber gefährlichen Krieg um die öffentliche Meinung. Er wird nicht mit Panzern geführt, sondern mit Headlines, Algorithmen und Geldflüssen. Und er zeigt: Demokratie beginnt nicht erst am Wahltag – sie beginnt mit der Information, auf der Entscheidungen beruhen.

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Der Schatten der Türkei: Wie das Regime die Demokratie Europas herausfordert – Eine Analyse der Einflussnahme und des Widerstands

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